Paul Wagner


Aktuelles Arbeitsgebiet:

Mein Forschungsbereich ist Klimaforschung, Phasenübergänge und Wolkenbildung. Es geht darum, wie sich aus Gasen in der Atmosphäre, meistens sind es Gasgemische, Nanopartikel bilden können, die dann Ausgangspunkt in der Entstehung von Wolkenkondensationskernen sind. Diese Wolkenkondensationskerne sind die Grundlage zur Wolkentropfenbildung. So können auch kleine Veränderungen bei den Spurengasen in der Atmosphäre große Veränderungen dieser Nanopartikel und Wolkenkondensationskerne nach sich ziehen und damit zu starken Veränderungen der Wolkenbildung führen. Das wiederum hat einen wesentlichen klimatologischen Einfluss, da die Wolkenbedeckung eine wesentliche Größe ist, die die Strahlungsbilanz der Erde beeinflusst.


Wissenschaftliche Laufbahn:


Paul Wagner und die Physik:

(Der folgende Text basiert auf einem Interview, das im Juli 2004 geführt wurde)

Wie sind Sie zur Physik gekommen?

Ich glaube, einen gewissen Hang zum mathematisch geometrisch Anschaulichen und in weiterer Folge auch zum Naturwissenschaftlichen zu haben, das hat sich schon im Gymnasium herausgestellt. Die Verstehbarkeit der Natur hat mich schon immer fasziniert und natürlich auch die experimentellen Methoden, die es gibt, um verschiedene Prozesse untersuchen zu können. Ich habe zunächst zwischen Physik und Chemie geschwankt und meine Entscheidung für die Physik würde ich als eher zufällige bezeichnen. Allerdings gab es , als ich in der 7.Gymnasiumsklasse war eine Informationsveranstaltung, bei der Professoren für die Physik Werbung gemacht haben. Das hat mich einigermaßen beeindruckt und meine Entscheidung zur Physik sicher gefördert.

Welche Fähigkeiten haben Sie mitgebracht - was mussten Sie sich erarbeiten?

Eine gewisse Vorliebe für formale Zusammenhänge habe ich sicher mitgebracht. Ebenso die Neugierde, mich mit neuartigen Experimenten und Messmethoden auseinanderzusetzten. Trotzdem überraschte mich der Formalitätsgrad der Mathematik am Beginn meines Studiums und ich musste lernen, dass Mathematik weit mehr ist als ein Hilfsmittel, um etwas auszurechnen.

Nach welchem Motto leben Sie?

Carpe Diem. Wer nicht heute lebt, lebt nicht. Nur leben für morgen und übermorgen, ist die größte Dummheit, die man machen kann. Man muss das Jetzt nützen, etwas Gutes daraus machen und nicht warten, dass es später einmal besser wird.

Wie erging es Ihnen während des Studiums?

Die Studienzeit hat mir vor allem positive Erfahrungen beschert. Die Einführungsvorlesung von Prof. Stetter, demselben, den ich schon bei der Informationsveranstaltung kennengelerrnt hatte, konnte mich sehr begeistern. Viel gelernt habe ich auch beim Anfängerpraktikum. Das Hand anlegen an Experimente, das selbständige Durchführen von Messungen ist mir sehr entgegengekommen. Auch menschlich habe ich mich sehr wohl gefühlt. Wir haben uns beim Studium zu einer Gruppe zusammengefunden und haben uns gegenseitig geholfen. Daraus ist ein Freundeskreis entstanden, mit dem ich mich auch heute noch gelegentlich treffe. Einen ziemlichen Schock hat mir allerdings die Vorlesung über Differentiall- und Integralrechnung versetzt. Die meisten meiner Kollegen und ich haben dabei überhaupt nicht verstanden, was das, was wir da zu hören bekamen, mit dem Thema zu tun hatte. Wir haben damals den Professor für genial gehalten. Heute weiß ich, dass der Professor einfach vorgetragen hat, was ihn selbst interessiert hat, er hat also eine Spezialvorlesung daraus gemacht, was allemal leichter und weniger anstregend ist, als eine einführende Vorlesung zu halten. Wären da nicht andere, gute Vorlesungen gewesen hätte ich wahrscheinlich den Hut draufgehaut.

Wie sind Sie zu Ihrem derzeitigen Arbeitsgebiet gekommen? Wie waren Ihre ersten Erfahrungen mit der Wissenschaft?

Ich bin, als ich im Studium schon weiter war zu einem Tag der offenen Tür aus dem Bereich Aerosolphysik gegangen. Da haben sie ein paar Messgeräte gezeigt, die mir bis dahin völlig unbekannt waren und die mir interessant und zukunftsträchtig vorgekommen sind. So bin ich zum damaligen Dozenten Preining gegangen und habe gefragt, ob ich in diesem Bereich Dissertation machen könnte. Es wurde eine Arbeit über das Kondensationswachstum kleiner Tropfen und wurde ziemlich langwierig. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass ich von Anfang an die Dinge selbst in die Hand nehmen wollte, was bedeutet hat, dass ich viele Erfahrungen selbst machen musste, die mir auch jemand hätte sagen können. Während meiner Dissertation hat mir Prof. Preining den Posten einer wissenschaftlichen Hilfskraft angeboten, wobei ich auch Vorlesungen mitzugestalten und Übungen mitzubetreuen hatte. Nach meiner Dissertation wurde meine Anstellung für weiter zwei Jahre verlängert. Ich habe in dieser Zeit begleitende Einführungslehrveranstaltungen ins Leben gerufen. Die Vorlesung über Vektor - und Tensorrechnung, die ich bis heute halte, wurde damals aus der Taufe gehoben. Denn ich hatte es in meiner eigenen Studienzeit als Manko erlebt, dass das Konzept der Tensoren zwar verwendet, aber nicht dementsprechend erklärt wurde. Und dem wollte ich nun abhelfen.

Wie ist Ihre wissenschaftliche Laufbahn weitergegangen ?

Prof. Preining hat mich sehr unterstützt, indem er mir einen Forschungsaufenthalt in den USA verschafft hat. Die Unterschiede in Organisation und Arbeitsweise waren für mich verblüffend. Mein dortiger Betreuer sprach mich mit dem Vornamen an. Ich habe dort gesehen, wie man vom ersten Moment an als Kollege behandelt wird. Ausgestattet mit einigen Erklärungen zu Apparatur und Literatur sollte und durfte ich völlig selbständig arbeiten. Der Betreuer unterstützte mich, ohne mich je einzuengen. Diese Erfarung hat mich sehr geprägt und ich habe sehr vieles von dem, was ich dort gesehen habe, versucht später hier einzubringen. Acht Jahre nach dem Doktorat habe ich mich habillitiert. Dabei ging es um Akkommodationskoeffizienten, also um die Wahrscheinlichkeit, dass auf flüssige Oberflächen auftreffende Dampfmoleküle haften bleiben. Es ist dies ein Thema, das mich bis heute beschäftigt. Man bringt eben nicht immer alles gleich zu Ende wie man möchte und es liegt zum Teil daran, dass die Zeit nicht reif ist. Mit der Klimaproblematik hat man erkannt, dass Wolkenbildung von solchen Anlagerungswahrscheinlichkeiten entscheidend mitbeeinflusst wird und das Thema, das vor 15 Jahren nicht viele interessiert hat, hat so neues Gewicht bekommen. So haben meine Mitarbeiter und ich uns vorgenommen, die Messmethoden soweit zu verfeinern, dass die Frage definitv beantwortet werden kann, was uns nun auch gelungen ist. In den letzten Jahren habe ich einige Male die Einführungsvorlsesung in die Physik gehalten. Das war viel Arbeit und keine leichte Aufgabe, aber man lernt viel dabei. Vor allem macht es auch Spaß, Kontakt zu jungen Leuten zu haben, die kommen und sich für die Physik interessieren. Eine Professur an einer anderen Universität habe ich wegen meiner Familie und meiner vielfältigen Bindungen zu Wien nicht allzu sehr angestrebt. Ich möchte andererseits aber bezweifeln, ob, wer auf Grund zeitlich begrenzter Dienstverträge, zu öfteren Wechsel gezwungen ist, allzuviel Kraft in die Lehre investieren kann, zumal die didaktische Qualifikation und Erfahrung bei Bewerbungen eine sehr geringe Rolle spielt.

"Ich ganz persönlich"

Die Partnerschaft mit meiner Frau ist ganz wesentlich für mich. Meine Tochter ist 22, mein Sohn 20 Jahre alt. Mich um ihre Ausbildung und ihr Fortkommen zu kümmern hat für mich hohe Priorität. Ich interessiere mich für Musik, habe als Kind selbst Klavierspielen gelernt und gehe gern mit meiner Frau, die selbst Musikerin ist, ins Konzert. Sehr viel Freude macht uns beiden auch das Bergwandern. Wenn möglich steigen wir im Sommer eine Woche von Hütte zu Hütte durch die Berge. Ich würde gerne einmal China und Südamerika kennenlernen. Wenn ich im Ruhestand bin, könnte ich mir vorstellen, mich eingehender mit Kunstgeschichte zu beschäftigen.

Welchen Rat würden Sie jungen Menschen mitgeben auf den Weg, wenn sie Physik studieren wollen?

Wem Mathematik zuwider ist,der oder die sollte nicht Physik machen. Denn die Physik ist inhärent mit der Mathematik verwoben. Die es interessiert, sollten sich das Studium auf jeden Fall anschauen. Nach einem Studienjahr weiss man, ob das das Richtige ist. Wenn ja, sollte man viel Kraft investieren, denn das Studium ist sicher aufwändig. Ausserdem ist es wichtig sich klar zu werden, ob man mehr der theoretische Typ, der Computer- und Numeriktyp oder der Experimentaltyp ist. Das braucht man, um Prioritäten im Studium setzen zu können.


Das Interview führten Irene Brunner und Mag.Natascha Riahi
Projektleitung: Mag. Helga Stadler