Romano Rupp


Aktuelles Arbeitsgebiet:

In meiner Forschungstätigkeit befasse ich mich zum einen mit der optischen Untersuchung von Materialeigenschaften und mit holographischer Datenspeicherung, zum anderen mit Neutronenoptik. Ein weiterer Aufgabenbereich liegt in der fachdidaktischen Ausbildung von Lehramtstudierenden, dazu zählt insbesondere die Betreuung des Schulversuchspraktikums.


Romano Rupp und die Physik:

(Der folgende Text basiert auf einem Interview, das im Juli 2005 geführt wurde)

Wie sind Sie zur Physik gekommen?

Mein Interesse kam ursprünglich aus der Chemie. Meine Eltern haben mir einen Chemiebaukasten geschenkt, als ich ungefähr zwölf Jahre war. Wir waren vier Freunde, von denen zwei besonders intensiv chemische Experimente gemacht haben. Darin haben wir auch unser gesamtes Taschengeld investiert. Wenn einer von uns Geburtstag hatte, gab es drei richtige Geschenke und ein gemeinsames: die Bombe. Das Spiel hieß dann, entschärfe die Bombe. Dabei ist dann einmal etwas schief gegangen. Am darauf folgenden Weihnachtsabend gab es daher einen Elektronikbaukasten. Wir sind dann ganz fleißige Elektronikbastler geworden und haben von erlaubten Radiogeräten bis unerlaubten Funkgeräten so ziemlich alles gebaut.

Welche Fähigkeiten haben Sie mitgebracht - was mussten Sie sich erarbeiten?

Von meiner Kindheit an mitgebracht habe ich sicherlich die Freude am Experimentieren, den Hang zum Basteln. Genützt hat mir das aber vor allem gegen Ende des Studiums. Zunächst musste ich mir die mathematische Vorgehensweise aneignen. Welches intellektuelle Vergnügen das Verstehen von tieferen Zusammenhängen und das Lösen einer spannenden Aufgabe bereiten kann, habe ich erst später entdeckt.

Nach welchem Motto leben Sie?

Es hat immer wieder Zeiten gegeben, in denen mir das, was ich getan habe, enorm viel Freude gemacht hat. Ich denke, dass, was immer man tut, dann am besten gelingt, wenn man sich dafür begeistern kann.

Wie erging es Ihnen während des Studiums?

Mein Freund und ich haben bis zum Schluss zwischen Chemie- und Physikstudium geschwankt. Die Zulassung zum Chemiestudium war in Deutschland damals noch beschränkt. Wir haben beide die Zulassung bekommen. In letzter Minute haben wir uns aber beide für die Physik entschieden. Obwohl mir Mathematik in der Schule nie Probleme bereitet hatte, empfand ich die Mathematikvorlesung am Anfang des Studiums als großen Schock. Auch sonst war der Unterschied zwischen meinen Erwartungen und dem tatsächlichen Ablauf des Studiums riesig. Das hat auch dazu geführt, dass ich zwischendurch die Physik abgebrochen und Volkswirtschaft studiert habe. Schließlich bin ich aber mit einer anderen Einstellung zur Physik zurückgekehrt, habe mich auf Metallphysik spezialisiert und mit dem Diplom abgeschlossen.

Wie sind Sie zu Ihrem derzeitigen Arbeitsgebiet gekommen? Wie waren Ihre ersten Erfahrungen mit der Wissenschaft?

Nach meinem Diplom war ich zwei Jahre bei Fresenius, das ist eine Firma in der Sparte Lebensmitteltechnologie, tätig. Diese Firma unterhält eine eigene Chemieschule, an der ich zwei Jahre unterrichtete. Ich hatte dann allerdings das Gefühl, in eine berufliche Sackgasse geraten zu sein und ich überlegte, doch noch zu promovieren. Inzwischen war ich verheiratet und hatte ein Kind, also kam nur eine voll bezahlte Doktorandenstelle in Frage. So fand ich schließlich eine Dissertantenstelle bei Professor Krätzig in Osnabrück, wo ich im Bereich holographischer Speichermaterialien gearbeitet habe.

Wie ist Ihre wissenschaftliche Laufbahn weitergegangen ?

Herr Krätzig hat mich sehr gefördert und große Begeisterung und Arbeitsfreude in mir geweckt. Nach dem Doktorat hat er mich gefragt, ob ich habilitieren möchte. Das war eine schwierige Entscheidung, die ich mit meiner Frau sehr lange diskutiert habe. Denn die Assistentenstelle, die ich zunächst bekommen sollte, war befristet, und auch nach der Habilitation war die Chance auf eine Hochschulstelle eher gering. Immerhin hatten wir mittlerweile zwei Kinder und die Bezahlung in der Industrie ist besser. Ich bekam sehr viel Unterstützung von meiner Frau, die meinte, ich sollte trotz des Risikos die Stelle anzunehmen. Im Rahmen meiner Habilitation habe ich neue Methoden zur Untersuchung von optisch transparenten Festkörpern beruhend auf Holographie entwickelt. Ich hatte das Glück, dass ein Kollege derselben Arbeitsgruppe eine Professur bekam, so dass ich seine akademische Ratsstelle übernehmen konnte. Auf meine Bewerbungen hin hatte ich schließlich mehrere Einladungen für eine Professur. Wien schien mir davon am verlockendsten. Mein Aufgabenbereich ist nun zweigeteilt: Ein Teil betrifft die Ausbildung der Lehramtsstudierenden, der andere meine experimentalphysikalische Arbeit. Diese ist bis zu einem gewissen Grad eine Fortsetzung von dem, was ich vorher gemacht habe, nämlich die Untersuchung von Materialien für die holographische Datenspeicherung. In letzter Zeit kamen auch neutronenphysikalische Untersuchungen dieser Materialien hinzu.

"Ich ganz persönlich"

Anfangs war ich lange Zeit in der katholischen Jugendbewegung sehr aktiv, war bei den Pfadfindern, habe Kindergruppen geleitet und später in meiner Studentenzeit Stadtrandfreizeiten bei der Caritas betreut. Als Student habe ich mich politisch engagiert, war jeweils zwei Jahre im Studentenparlament und im Pfarrgemeinderat. Ich habe mich noch lange in einem Verein für Fragen der 3. Welt umgetan. Diese Bewegung steckte damals noch in den Kinderschuhen und war noch nicht so perfekt organisiert wie heute, wo es 3. Welt-Läden in jeder größeren Stadt gibt. Während meiner Doktorandenzeit habe ich sogar für den Stadtrat kandidiert. Zum Glück für meine Physik war das nicht erfolgreich. In der Freizeit lese ich sehr gerne Bücher, die sich mit historischen und politischen Fragestellungen beschäftigen.

Welchen Rat würden Sie jungen Menschen mitgeben auf den Weg, wenn sie Physik studieren wollen?

Es ist sehr förderlich, wenn ein gewisses Interesse - sei es mehr praktisch oder abstrakt - schon in der Kindheit oder Jugend vorhanden ist. Auf jeden Fall muss eine starke Motivation da sein, sonst hält man nur schwer durch. Ich bin überzeugt davon, dass die Physik eines der schönsten Dinge ist, die man studieren kann. Vor 150 Jahren war es noch möglich, an unbekannte, unerforschte Orte der Erde zu reisen. In bestimmter Weise kann man das in der Physik noch heute tun: Das Abenteuer besteht halt darin, eine Frage anzugehen, von der man weiß, dass noch niemand sie bislang gestellt hat. Manchmal setzt man sich mit einem Problem vielleicht über Wochen vergeblich auseinander, ist fast schon am Verzweifeln, und erlebt dann die große Freude, wenn die Puzzleteile verschiedener Teilergebnisse plötzlich ineinander passen. Dieses Erlebnis kann einen durchaus in euphorische Stimmung bringen, und von diesem Stimmungsschub kann man nicht genug kriegen. So gesehen ist das Betreiben von Physik vielleicht auch nur eine andere Form von Sucht. Ein Punkt, den ich oft anführe, ist, dass in der geschichtlich doch recht kurzen Periode von 400 Jahren Physik der Einfluss der Physiker auf das Werden des heutigen Weltbilds bahnbrechend war. Sie leisteten einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg der Aufklärung, zur Emanzipation des Menschen vom Mythischen. Physik hat in dieser kurzen Zeit mehr bewirkt als alle philosophischen, theologischen und sonstigen Debatten der 4000 Jahre davor. Nur um ein bekanntes Beispiel zu nennen: Der kinesiologische Gottesbeweis von Thomas von Aquin wurde nicht durch theologische Argumente entkräftet, sondern durch Newtons Einsicht erschüttert, dass ein Objekt sich bewegen kann, auch wenn kein Beweger, keine Kraft, einfach nichts einwirkt. Wenn man also neugierig darauf ist, von welcher Basis das kulturelle Schaffen der Neuzeit auszugehen hat, wenn man das in Physik geschriebene Buch der Schöpfungsgeschichte verstehen möchte, wenn man sich, inspiriert von den Gedanken der großen Physiker zu Kausalität und Zufall, Chaos und Ordnung, Endlichkeit und Unendlichkeit, Schritt für Schritt das eigene, rationale Bild der Wirklichkeit erarbeiten möchte, wenn man also kurz gesagt, nach Erkenntnis all dessen strebt, was dem mit Verstand, Kommunikationfähigkeit, Sinnesorganen und Messinstrumenten ausgestatteten Menschen zu erkennen gegeben ist, dann ist das Studium der Physik zweifellos nicht die schlechteste Wahl. Physik studieren heißt aber auch, die gebotene Härte aufzubringen, sich mit intellektuell anspruchsvollen Theorien großer Denker auseinander zu setzen, mit den Theorien über das, was ist und wie die Eigenschaften dessen, was ist, zusammenwirken, um die große Vielfalt der Natur hervorzubringen. Auch wenn es mir in meiner Schulzeit manchmal so nahegelegt wurde, Physik kann man sicher nicht in Form von Lehrsätzen memorieren, sondern man muss die Konsequenzen physikalischer Entwürfe und Hypothesen selbst durchdenken.


Das Interview führten Natascha Riahi und Mag. Katharina Durstberger
Projektleitung: Mag. Helga Stadler

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