Marcus Ernst Rennhofer


Aktuelles Arbeitsgebiet:

In meiner Arbeitsgruppe erforschen und entwickeln wir Hochleistungsmaterialien. Derzeit beschäftige ich mich hauptsächlich mit der atomaren Dynamik in metallischen Legierungen, wie sie auch im Flugzeugbau verwendet werden. Durch das Verstehen und Verbessern dieser Materialien soll zum Beispiel das Entstehen von Mikrorissen in Flugzeugtriebwerksverbindungen verhindert werden. Ein weiteres Gebiet ist die Untersuchung hartmagnetischen Materialien, die etwa in einigen Jahren als Speichermedien eingesetzt werden könnten und die eine wesentlich höhere Datendichte erlauben als bisher.
Dabei spielt Dynamik auch eine wesentliche Rolle für die Datensicherheit.


Wissenschaftliche Laufbahn:


Marcus Ernst Rennhofer und die Physik:

(Der folgende Text basiert auf einem Interview, das im Juli 2004 geführt wurde)

Wie sind Sie zur Physik gekommen?

Letztlich Ausschlag gebend war dabei wohl das Interesse für Technik und Raumfahrt, das sich in den letzten beiden Gymnasiumsklassen entwickelt hat. Mein damaliger Physik-Professor hat im Unterricht die so genannte "Moderne Physik" gemieden, war aber sonst sehr bemüht und durchaus motiviert.
Davor war ein grundsätzliches Interesse für naturwissenschaftliche Bereiche da, das vielleicht durch Bücher zum Kosmos, zur Raumfahrt und den Galaxien geweckt wurde, die wir zu Hause hatten. Bücher, die Details bringen, aber auf allgemein verständlichem Niveau - mit farbigen Bildern und Informationen zu geplanten Raumschiffen und Missionen. Fasziniert hat mich daran vor allem diese Mischung aus Unbekanntem, neuen Entdeckungen und sehr hoch entwickelter Technik, an der mich weniger die konkrete Umsetzung als das Konzept dahinter interessiert hat, das, wie Dinge möglich gemacht werden.
Aber genauso interessiert hat mich damals ein ganz anderer Bereich, und zwar die Archäologie. Ich habe sogar überlegt, in diese humanistische Studienrichtung zu gehen. Dass es doch die Physik geworden ist, war mehr oder weniger ein spontaner Entschluss. Ich habe mich vielleicht auch deshalb so entschieden, weil ich mir damals unter Physik Konkreteres vorstellen konnte. Diese Vorstellung war ziemlich falsch, aber eben konkreter.

Welche Fähigkeiten haben Sie mitgebracht - was mussten Sie sich erarbeiten?

Mitgebracht habe ich die Fähigkeit zum logischen Denken und auch eine ordentliche Portion Spieltrieb. Dieser Spieltrieb ist meiner Meinung nach vor allem bei der experimentellen Arbeit sehr wichtig.
Aneignen musste ich mir aber das konkrete mathematische und das zielgerichtete logische Denken - diese zwei Bereiche wurden ordentlich trainiert. Im Vorhinein war mir sicher nicht bewusst, wie mathematisch ein Physik-Studium ist.
Was sich auch geändert hat, ist mein Konzept von dem, was Physik ist. Vor allem durch die wissenschaftstheoretischen Veranstaltungen wurde mein diesbezügliches Weltbild verändert und ich habe erkannt, dass Physik nicht an sich die Wirklichkeit beschreibt und auch nicht die Natur, sondern abstrakte Modelle schafft und aus diesen Vorhersagen ableitet. Dieses philosophische Konzept war mir zu Anfang meines Studiums überhaupt nicht klar und viele Physiker haben noch immer diese falsche Sichtweise der Physik. Dadurch entstehen dann auch die falschen Bilder vom Wahrheitsanspruch der Physik in der Öffentlichkeit.

Nach welchem Motto leben Sie?

Eigentliches Lebensmotto habe ich keines, aber im Moment würde ich sagen, dass man seinem eigenen Leben und sich selbst treu bleiben soll. Es gibt sehr Vieles - ob es der innere Schweinehund oder das persönliche Umfeld ist - , das versucht, einen vom Weg abzubringen, wenn man zu passiv ist. Man gerät dann leicht irgendwo hin, wo man eigentlich nicht hin wollte.

Wie erging es Ihnen während des Studiums?

Ich hatte sehr viel Glück mit den Professoren in den Anfängervorlesungen. Sie waren hoch motivierend und haben Freude an der Physik gehabt und vermittelt. Die mittleren Semester habe ich eher als Durststrecke empfunden, in denen man wirklich diszipliniert Vorlesungen hören und lernen muss. Zum Teil braucht man für Praktika bestimmte Zeugnisse, da besteht schon ein gewisser Zwang, Prüfungen bald abzulegen. Das ist auch sonst sinnvoll, weil man sonst nämlich rasch ins Hintertreffen gerät. Gegen Ende wird das Studium wieder etwas aufgelockert, weil man dann mehr und mehr frei wählen kann.
Die Organisation des Studiums und die relative Freiheit bei der Wahl der Lehrveranstaltungen habe ich grundsätzlich als gut empfunden; allerdings könnten einige Punkte verbessert werden wie zum Beispiel die Abstimmung der Vorlesungen aufeinander und die mangelnde Mathematikvorbereitung vor Vorlesungen in Theoretischer Physik. Manchmal lernt man da am Ende des Semesters die Mathematik, die man eigentlich am Anfang gebraucht hätte.
Auch in punkto Freundschaften war das Studium sehr angenehm. Schließlich ist man bei den Rechenübungen quasi gezwungen, zusammenzuarbeiten und gemeinsam Probleme zu lösen. Da ergeben sich bald Freundschaften, man trifft sich dann auch in der Freizeit zu außeruniversitären Veranstaltungen - und am Ende, wenn der Abend spät wird, landet man immer bei der Physik und diskutiert über irgendwelche Probleme.

Wie sind Sie zu Ihrem derzeitigen Arbeitsgebiet gekommen? Wie waren Ihre ersten Erfahrungen mit der Wissenschaft?

Der Weg zu meinem derzeitigen Forschungsgebiet war gar nicht so einfach, da mich sowohl experimentelle als auch theoretische Physik sehr interessiert haben. Im Endeffekt hat den Ausschlag gegeben, dass ich in meinem derzeitigen Gebiet die aussichtsreichere Diplomarbeit bekommen habe. Aussichtsreich in dem Sinn, dass mein Betreuer motiviert und das Thema aktuell war. Ich hatte bei ihm bereits ein Praktikum gemacht, und so habe ich ihn einfach gefragt.
Ab dem Zeitpunkt, an dem ich an der Diplomarbeit gearbeitet habe, war mir klar, dass ich anschließend auch eine Dissertation machen möchte. Es hat sich dann gut getroffen, dass in "meiner" Gruppe auch die finanziellen Gegebenheiten dementsprechend waren, das heißt, es hat eine Stelle gegeben, die für unsere Gruppe ausgeschrieben und mir in Aussicht gestellt wurde. Der Übergang von der Diplomarbeit zur Dissertation war dann irgendwie fließend.
Für mich so besonders reizvoll an meiner derzeitigen Arbeit ist, dass die Möglichkeit der Anwendung da ist - wenngleich meist mit einer Zeitverzögerung von fünf bis zehn Jahren. Manches wird auch sofort angewendet, obwohl wir im Großen und Ganzen doch Grundlagenforschung machen, die dann von eher technisch orientierten Forschungsrichtungen übernommen wird. Das Interesse ist wohl auch deshalb so groß, weil verschiedene Methoden zur Anwendung kommen, das bietet eine Vielzahl verschiedener Zugänge zu ein- und demselben Material.
Wenn möglich, würde ich auch gerne nach Beendigung meiner Dissertation im wissenschaftlichen Bereich tätig sein. Denn je mehr Forschung ich gemacht habe, umso besser hat mir das auch gefallen. Für mich als Wissenschafter gibt es derzeit sicher mehr Möglichkeiten im Ausland, wo auch mein aktueller Plan am ehesten hingeht. Ich schließe aber auch nicht aus, in die Industrie zu gehen. Nur rein vom Anforderungsprofil her entspricht mir im Augenblick die Forschung einfach mehr.

"Ich ganz persönlich"

Die Eckpunkte in meinem Leben sind im Moment sicher das Studium, dann die Familie und Freunde. Daneben habe ich begonnen, Klavier spielen zu lernen - Musik hat mich immer schon interessiert. Mein großes Interessensgebiet Geschichte und Archäologie betreibe ich im Moment sehr rudimentär - meist bleibt dafür nur in den Urlauben Zeit, in denen ich auch alte Bauwerke und historische Stätten besuche. Derzeit kreist dabei mein Interesse besonders um die Zeit zwischen Paläolithikum und Bronzezeit. Offenbar war die Ausdehnung der Kultur an sich schon sehr früh sehr weit fortgeschritten.
Sehr wichtig ist mir auch mein Engagement als studentisches Mitglied der Österreichischen Physikalischen Gesellschaft (ÖPG). Mein Ziel ist, die ÖPG unter Studenten bekannter zu machen und zu vermitteln, dass Studenten dort gerne gesehen sind. Es ist abgesehen davon auch grundsätzlich interessant, in einer solchen Organisation mitzuarbeiten und zu sehen, wie sie funktioniert.

Welchen Rat würden Sie Mädchen oder Frauen mitgeben auf den Weg, wenn sie Physik studieren wollen?

Wenn man Physik studieren will - egal ob Mädchen oder Burschen - , sollte man vor allem zwei Dinge mitbringen - einerseits viel Freude an Gedankenspielen oder an Experimenten oder auch nur am Überlegen und andererseits die Disziplin, die nötigen Werkzeuge in Bezug auf Mathematik und Handwerklichem - je nachdem, was man machen möchte - zu erlernen. Das sind die beiden Eigenschaften, die für mich die wichtigsten Voraussetzungen für ein Physik-Studium darstellen.


Das Interview führten Irene Brunner und Mag. Natascha Riahi
Projektleitung: Mag. Helga Stadler

Links:

Institut für Materialphysik an der Universität Wien

Arbeitsgruppe "Material Science and Biophysics with atomistic methods"

Österreichische Physikalische Gesellschaft

e-mail an Markus Rennhofer