Regina Hitzenberger


Aktuelles Arbeitsgebiet:

Die Arbeiten der letzten zehn Jahre beschäftigen sich mit atmosphärischen Aerosolen, das sind feine Teilchen in der Luft, die sowohl aus natürlichen Quellen stammen als auch von Menschen verursacht werden. Diese Aerosole sind derzeit vor allem wegen der Frage der Änderung des globalen Klimas durch menschliche Einflüsse interessant. Für mich sind derzeit vor allem Russpartikel und diejenigen Teilchen von Interesse, die in der Luft durch chemische Reaktionen aus Vorläufergasen gebildet werden und dann im Laufe ihres weiteren Aufenthalts in der Luft (typischerweise einige Tage bis Wochen) durch weitere Reaktionen immer mehr wasserlösliche Substanzen enthalten. Diese Teilchen wachsen bei höheren relativen Feuchten durch Wasseraufnahme zu Dunsttröpfchen heran, und können (je nach Größe und chemischer Zusammensetzung) als Kondensationskerne für Wolkentröpfchen wirken. Die Projekte der letzten Jahre befassten sich vor allem mit Untersuchungen des Wachstums von Aerosolpartikeln und auch von größeren Mengen der Substanzen, aus denen die Partikel zumindest zum Teil bestehen - bei relativen Feuchten unter 100% sowie mit Untersuchungen der Bildung von Wolkentröpfchen bei relativen Feuchten über 100%.

Besonders interessant ist dabei der Einfluss von organischen Substanzen, die einerseits selbst zur Wolkenbildung beitragen können (wasserlösliche organische Substanzen), andererseits aber durch die Bildung von Oberflächenfilmen die Wasseraufnahme erheblich behindern können. Bei allen Arbeiten war immer auch der Gehalt von Ruß im Aerosol und in den Wolkentröpfchen eine wichtige Messgröße, da Ruß wegen seines guten Absorptionsvermögens von Licht einen wichtigen Einfluss auf die Strahlungsbilanz der Erde und somit für das globale Klima haben kann. Obwohl frischer Verbrennungsruß eher wasserabweisend ist, enthalten frische Flugzeugemissionen je nach Schwefelgehalt des Treibstoffs auch Partikel, an denen sich Wolkentröpfchen bzw. in der oberen Atmosphäre Kondensstreifen bilden können. Auch diese Fragen werden derzeit in Projekten untersucht.


Wissenschaftliche Laufbahn:


Regina Hitzenberger und die Physik:

(Der folgende Text basiert auf einem Interview, das im Mai 2002 geführt wurde)

Wie sind Sie zur Physik gekommen?

Ursprünglich wollte ich Astronomie studieren. Ich war zu Hause in Gmunden Mitglied einer Amateursternwarte. Es war damals die Zeit, wo neue Bilder von den Raumsonden gekommen sind. Da war zum Beispiel der Saturn zu sehen, nicht als ein Fleckerl irgendwo, sondern als ein prachtvoller, gleißender Ball mit einem wunderschönen Ring herum. Das hat mich sehr interessiert, ebenso wie die Arbeit an der Sternwarte. Erst während des Studiums habe ich von der Astronomie zur Physik gewechselt.

Welche Fähigkeiten haben Sie mitgebracht - was mussten Sie sich erarbeiten?

Wenn ich etwas sehe, dann will ich wissen, wie es funktioniert und was dahinter steckt, eine Neugierdsnase eben. Das ist - find ich - das Allerwichtigste. Wenn mir jemand sagt, das kannst du nicht, das wird nichts, dann kommt bei mir so ein "Ahso? Wirklich?" und auch das - finde ich - ist ganz wichtig. Man braucht für die Physik auch einiges an Sitzfleisch und Durchhaltevermögen, um sich die Handwerkszeuge (wie zum Beispiel Mathematik) anzueignen. Was ich erst lernen musste, war, umzugehen mit der frauenunfreundlichen Seite der Physik, oder sagen wir lieber der Physikbetreiber. Diesem - "wos - a Madl und Physik?" bin ich oft begegnet. Und schließlich hab ich nicht mehr korrigiert, wenn mir jemand "Ah, Musik - wie schön" geantwortet hat.

Nach welchem Motto leben Sie?

Wenn ich mich für etwas entschieden habe, dann mache ich es auch. Für Dinge, die mir wichtig sind, bin ich bereit, auch einen hohen Preis in Kauf zu nehmen. Ansonsten gefällt mir Hercule Poirots Motto gut: "Put your trust in God and keep your powder dry" oder auch: "Things that are worth being done are worth being done well".

Wie erging es Ihnen während des Studiums?

Ursprünglich wollte ich Astronomie studieren, aber meine Eltern wollten, dass ich einen Beruf erlerne, in dem Aussichten auf einen Job bestehen. Wir haben uns also darauf geeinigt, dass ich Astronomie und dazu das Lehramt Mathematik/Physik mache. Anfangs hat Physik mich wenig interessiert. Das erste Jahr war sehr hart, denn der Physikunterricht, den ich in der Schule hatte, war aus heutiger Sicht gesehen völlig unzureichend für ein Physikstudium. Das Hin- und Herpendeln zwischen den Instituten war auf Dauer zu viel und ich habe festgestellt, dass mich die Astronomievorlesungen nicht mehr interessierten. Bei der Physik was das anders. Nach den Anfangsschwierigkeiten habe ich gegen Ende des zweiten Jahres festgestellt, wie faszinierend und toll Physik ist und bin noch immer dieser Meinung.

Wie sind Sie zu Ihrem derzeitigen Arbeitsgebiet gekommen? Wie waren Ihre ersten Erfahrungen mit der Wissenschaft?

Sobald im Studium etwas Freiraum dafür war, habe ich mir einfach verschiedene Vorlesungen aus dem Vorlesungsverzeichnis herausgesucht und angehört. So ist meine Wahl schließlich auf die Aerosolphysik gefallen. Denn das ist ein Gebiet, in dem die gesamte Physik zur Anwendung kommt. Außerdem haben mich Umweltfragen schon damals interessiert. Der Betreuer meiner Dissertation war offiziell Prof. Preining, direkter Betreuer war Prof. Horvath. Anschließend war ich Projektangestellte und habe später immer wieder die Vertretung übernommen, wenn ein Kollege in Karenz war.

Wie ist Ihre wissenschaftliche Laufbahn weiter gegangen?

Ein Assistentenposten war nicht in Sicht und so habe ich mir mit knapp 30 Jahren einen Job in der Privatwirtschaft gesucht. Dort bin ich aber nur 1 Monat geblieben, denn mir wurde ein gleichzeitig freigegebener Assistentenposten angeboten, für den ich mich dann entschieden habe. Ich habe mich dann im Weiteren mit optischen Eigenschaften von Aerosolen und Messmethoden für schwarzen Kohlenstoff beschäftigt und mich 1993 habilitiert. Seit Mitte der 90er Jahre arbeite ich vor allem auf dem Gebiet der Wolkenkondensationskerne und interessiere mich vor allem für den dynamischen Ablauf der Bildung von Wolkentröpfchen. Da spielen organische Substanzen eine wichtige Rolle, aber derzeit gibt es auf dem Gebiet wohl mehr Fragen als Antworten.

"Ich ganz persönlich"

Im Mittelpunkt meiner privaten Aufmerksamkeit steht sicherlich unser 12-jähriger Sohn, mit dem mein Mann und ich soviel Zeit wie irgend möglich verbringen. Für Freunde oder andere Interessen bleibt nicht allzu viel Zeit. Die nehme ich mir noch am ehesten fürs Lesen, was ich sehr, sehr gern tue. Derzeit zum Beispiel nach 20 Jahren wieder den Stiller von Max Frisch. An Büchern für den schnellen Konsum bin ich wenig interessiert; ich lese lieber solche, wo ich weiß, die werd' ich wieder lesen. Wenn ich in der Pension bin, kann ich mir vorstellen, wieder zu studieren - Chemie zum Beispiel oder auch etwas in die sozialwissenschaftliche Richtung.

Welchen Rat würden Sie Mädchen oder Frauen mitgeben auf den Weg, wenn sie Physik studieren wollen?

Wer sich wirklich dafür interessiert, soll es auch machen und sich nicht durch Bedenken abbringen lassen. Es ist aber speziell für Frauen nicht leicht, sich durchzusetzen, und vor allem verlangt ihnen ein Leben als Wissenschaftlerin hohen Einsatz ab.


Das Interview führten Mag. Natascha Riahi und Irene Brunner
Projektleitung: Mag. Helga Stadler

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