Theresia Eisenkölbl


Aktuelles Arbeitsgebiet:

Mein Arbeitsgebiet ist die abzählende Kombinatorik. Wofür man sich dabei interessiert, ist, dass man bestimmte Objekte abzählt, entweder exakt oder - wenn das nicht geht - zumindest näherungsweise. Diese Objekte können zum Beispiel aus anderen Teilbereichen der Mathematik, der Informatik oder aus Modellen der Physik kommen. Oft kommt es aber vor, dass etwas, was zunächst nur betrachtet worden ist, weil es „schön“ ist, später überraschende Verbindungen zu anderen Gebieten hat.

Die Dinge, die ich abzähle, lassen sich oft durch Determinanten beschreiben. Womit ich mich viel beschäftigt habe ist, wie man soetwas ausrechnen kann. Da kommt auch das Erraten mit Hilfe des Computers hinein, das heißt, dass man sich im Computer Muster ansieht. Das tut man, sowohl um überhaupt zu erkennen, was man beweisen will, als auch um zu sehen, wie der Beweis laufen kann.

In meiner Dissertation habe ich rhombus-tilings und plane partitions abgezählt. Da geht es zum Beispiel darum, dass man Würfel aufstapelt und danach fragt, wie viele verschiedene Möglichkeiten es gibt, diese anzuordnen. Man sieht dann, dass das auch mit vielen anderen Gebieten zusammenhängt, in diesem Kreis gibt es mehrere ähnliche Fragestellungen.


Wissenschaftliche Laufbahn:


Theresia Eisenkoelbl und die Mathematik:

(Der folgende Text basiert auf einem Interview, das im Juni 2006 geführt wurde)

Wie sind Sie zur Mathematik gekommen?

Schon als ich recht klein war, also so mit 8 oder 9 Jahren, habe ich immer zu den Geburtstagen viele Rätselbücher bekommen. Das waren ganz klassische Rätsel, so nach dem Motto: „Eine Münze ist leichter oder schwerer als die elf anderen. Wie findet man diese durch möglichst wenige Wägungen?“ Das hat mir immer gefallen. In der Schule war die Mathematik nicht so aufregend, aber als ich dann 14 Jahre alt war, bin ich zur Mathematikolympiade gekommen. Zu dem Zeitpunkt war es dann einfach klar, dass ich das auch später machen will. Damals habe ich auch viele populärwissenschaftliche Bücher über Physik gelesen. Ich habe auch meiner Familie nie erklären müssen, dass ich Mathematik studieren werde, sondern das war einfach klar.

Meine Eltern haben immer das „Spektrum der Wissenschaft“ abonniert, was natürlich ein guter Zugang war und mein Vater hat Astronomiebücher gehabt. Später habe ich dann auch in unserer städtischen Bücherei gelesen, in der es ein Regal mit bunter Auswahl gegeben hat. Da hätte es sicher nicht geschadet, wenn mir jemand geholfen hätte, das Richtige auszuwählen. Wenn man nämlich einfach irgendein fortgeschrittenes Buch herausgreift, versteht man es nicht und man weiß nicht, wie man von hier nach dort kommt.

Ich war auch dreimal bei einer internationalen Mathematikolympiade und in meinem dritten Jahr habe ich sogar alle Punkte gehabt. Ich habe die Olympiade eigentlich nicht mit dem Gedanken an Wettbewerbe angefangen, sondern es gab einfach das Angebot und da geht man dann eben hin. Als ich dann angefangen habe, Erfolg zu haben, war für mich schon sehr wichtig, die Bestätigung zu bekommen, dass man etwas kann. Also auch wenn man das zuerst einfach macht, weil es einem Spaß bereitet, sieht man, dass man auch Fortschritte macht.

Welche Fähigkeiten haben Sie mitgebracht - was mussten Sie sich erarbeiten?

Also gerade Muster zu erkennen hat mir immer Spaß gemacht, das kann man ja auch auf verschiedenen Levels machen. Das Manipulieren mit Formeln fällt mir auch leicht. Ich habe an sich auch ein gutes Gedächtnis, es ist aber so, dass ich nicht gerne etwas auswendig lerne. Also ich merke mir etwas, wenn ich es lese, aber dass ich mich hinsetze nur  zu dem Zweck, um auswendig zu lernen, das ist wieder etwas anderes. Was man dann erst mit der Zeit erwirbt, ist die Geduld, auch Probleme bearbeiten zu können, die man nicht in kurzer Zeit lösen kann. Da bietet vielleicht auch die Mathematikolympiade einen guten Übergang zwischen Schule und Forschung.

Bei der ersten internationalen Olympiade, an der ich teilgenommen habe, konnte ich nicht sehr viele Aufgaben lösen. Einige andere Teilnehmer und ich haben aber danach über die Sommerferien diese Beispiele gelöst. Ich habe mir dann gedacht, dass es später im Leben ja auch nicht unbedingt darum geht, dass man jedes Problem in drei Stunden löst.

Es war für mich ein Schock, dass bei den Olympiaden fast nur Burschen waren, weil ich das nicht erwartet habe. Ich habe geglaubt, das war nur früher so und ich bin sozusagen in der Generation, wo der Mädchenanteil schon höher ist. Die Burschen waren zwar alle nett zu mir, aber es hat mich irgendwie gestört, dass es die anderen nicht mehr stört. Es ist schwer zu sagen, woran das liegt. Ich selbst bin immer ermutigt worden, an soetwas teilzunehmen, also besonders auch von meinen Eltern. Ich denke nicht, dass es nur einen Grund gibt, der Schuld an dem Ganzen ist, es gibt wahrscheinlich viele Einflüsse, ob man als Mädchen zu so einem Wettbewerb fahren soll oder nicht. Beim österreichischen Bundeswettbewerb ist der Anteil der Mädchen allerdings mittlerweile schon etwas gestiegen. Ich glaube, dass es gerade ür Mädchen sehr gut ist, teilzunehmen, weil man eben in so einem Wettbewerb wirklich Erfolgserlebnisse haben kann.

Nach welchem Motto leben Sie?

In der Bibel gibt es ein Gleichnis von den zehn Jungfrauen, von denen fünf ein Gefäß mit Reserveöl dabeihaben und dann ohne die anderen feiern gehen. Das habe ich nie verstanden, dass sie nicht auch noch genug für die anderen mitgenommen haben, weil man ja weiß, dass irgendwer immer darauf vergisst. Ich möchte jedenfalls entweder zu denen gehören, die es einfach vergessen haben oder zu denen, die auch noch an die anderen gedacht haben.

Wie erging es Ihnen während des Studiums?

Mit dem Studium war ich sehr zufrieden. Eigentlich habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht, nämlich auch, dass es hier sehr gut ankommt, wenn man die Professoren ausbessert, wenn ihnen Fehler passieren. Das könnte auch anders sein. Es ist ja in meinem ganzen Leben nicht überall so gewesen, dass wenn man mit jemandem anderer Meinung ist, dass das positive Auswirkungen hat. Also da habe ich auf der Uni gute Erfahrungen gemacht.

Dass mir der Sprung zwischen Schul- und Uniniveau beim Einstieg leicht gefallen ist, führe  ich wirklich auf die Olympiade zurück. Man macht zwar dort keinen Unistoff, aber man lernt zu beweisen. Wenn man dann auf die Uni kommt, dann weiß man, was ein Beweis ist und ist auch motiviert, selbst etwas zu beweisen. Ich glaube, das ist schon eines der Hauptprobleme, dass vielen Studenten die Motivation dazu fehlt.

Im Studium war am Anfang das Geschlechterverhältnis ausgewogen und je spezialisierter die Vorlesungen wurden, desto höher war der Burschenanteil. Das liegt eben auch daran, dass der Anteil der Mädchen am Lehramtsstudium höher ist.

Der Lehrberuf ist für uns Frauen immer noch einer, der am besten mit einer Familie vereinbar ist. Ich selber wollte das aber nicht. Das liegt ein bisschen daran, dass ich während meiner Schulzeit gesehen habe, dass eine Klasse einen Lehrer wirklich fertig machen kann. Ich glaube zwar gar nicht, dass das jetzt mir unbedingt so passiert wäre, aber dieses Disziplinieren, also dass ich da erst die richtigen Tricks anwenden muss, um überhaupt einmal mit dem Unterricht anfangen zu können, das interessiert mich nicht. Und das muss in der Schule manchmal einfach gemacht werden.

Auf der Uni ist es eben so, dass man freiwillig da ist, man muss niemanden dazu zwingen, Mathematik zu lernen. Schon klar, dass die Studenten jetzt nicht jede Minute glücklich sind, vor allem wenn irgendetwas sehr kompliziert wird oder so. Im Endeffekt kommen aber alle, weil sie studieren wollen. Wahrscheinlich sollte das in der Schule auch so sein, aber ich weiß nicht, wie man das erreichen könnte.

Wie sind Sie zu Ihrem derzeitigen Arbeitsgebiet gekommen? Wie waren Ihre ersten Erfahrungen mit der Wissenschaft?

Ich habe mir in meinem Studium sehr viele verschiedene Spezialvorlesungen angehört, also auch sehr weit entfernt von dem, was ich jetzt tue. Mir ist die Entscheidung für die Abzählkombinatorik sehr leicht gefallen, weil ich einfach etwas gefunden habe, wo ich wirklich das Gefühl gehabt habe, dass das passt. Ich habe eben mehrere Vorlesungen in der Kombinatorik gehört und das hat mir gefallen und ich habe mir einfach gedacht, dass ich das tun will. Ich weiß schon, dass das für viele ein schwieriger Schritt ist, weil man sich ja auch viel verhauen kann in diesem Punkt. Es kommt ja nicht nur aufs Gebiet an, sondern dass man auch jemanden hat, der einen gut betreut und so weiter.

Wie ist Ihre wissenschaftliche Laufbahn weiter gegangen?

Ich wollte immer schon eine Stelle an der Universität. Ich möchte mich jetzt habilitieren und wie es dann weiter geht, wird man sehen. Es wird nicht einfach sein, eine Stelle nach meiner jetzigen Assistentenstelle zu bekommen.

"Ich ganz persönlich"

Ich spiele gerne Volleyball und mache bei einem Chor mit.

In meiner Freizeit höre ich gerne Musik, hauptsächlich klassische Musik, aber auch vieles andere. Ich reise gerne, finde es aber auch anstrengend. Ich war wirklich schon in vielen Ländern und es ist so, dass man sich inzwischen schon viel eher zuhause fühlt als früher, wenn man in der EU reist. Also allein, dass man das Geld nicht wechselt und keine Passkontrolle hat, das macht schon einen großen Unterschied, finde ich. Also in Italien, Deutschland, Frankreich ist das heute schon ein ganz anderes Gefühl als früher.

Ich habe jetzt gerade ein paar Bücher von Jodi Picoult gelesen. Ich lese aber sehr verschiedene Dinge, das Wichtigste ist eine spannende Handlung. Zum Beispiel auch Bücher von Ken Follett, wo auf jeder Seite etwas Spannendes passiert.

Welchen Rat würden Sie Mädchen oder Frauen mitgeben auf den Weg, wenn sie Mathematik studieren wollen?

Wichtig ist, dass man früh in Lehrveranstaltungen geht, in denen man auch persönlichen Kontakt mit den Veranstaltungsleitern hat, vielleicht auch in Seminare oder in kleinere Spezialveranstaltungen. Auch wenn man vielleicht nicht gleich alles versteht, man sieht dann wenigstens, ob das etwas für einen ist. Das bringt einen später nicht in die Situation, dass man schon fast alle Prüfungen hat und man immer noch nicht weiß, was man weiter machen will.

Ich glaube auch, dass es hilft, eine Gruppe zu haben, mit der man lernen kann. In dem Moment, wo man so eine Gruppe hat, in der alle ein bisschen aufeinander schauen, geht alles besser. Da sind die Leute auch gekommen und haben gesagt: „Du, da gibt’s schon einen Aushang und da musst du dich anmelden!“ und „Hast du das schon gemacht, bist du schon zu der Prüfung angetreten?“. Also man ist immer wieder gefragt worden, ob man auch schon weiter gemacht hat. Das war also gerade am Anfang sehr wichtig.


Das Interview führte Mag. Christoph Ableitinger
Projektleitung: Mag. Helga Stadler

Links:

Fakultät für Mathematik an der Universität Wien

Arbeitsgruppe "Kombinatorik"

e-mail an Theresia Eisenkoelbl